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Die von den Berliner Universitäten für die Immatrikulation und die Rückmeldung erhobene Gebühr in Höhe von 100,00 DM pro Semester war in den Jahren 1996 – 2004 verfassungswidrig, das hat nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 06.11.2012, Az. 2 BvL 51/06, 2 BvL 52/06, entschieden. Der entsprechende Paragraph des damals geltenden Berliner Hochschulgesetzes verstößt nach der Entscheidung gegen das Grundgesetz und wurde daher vom Gericht für nichtig erklärt. Die Regelung war als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden, da sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten Gebührenzwecken stand. Das Gericht bemängelte u. a. die Normenklarheit der Bestimmung, zudem sah es einen Verstoß gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung und der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Die betroffenen Studenten können die gezahlte Gebühr zurückfordern, falls die Universitäten die geleisteten Zahlungen nicht von sich aus erstatten.

Nachtrag (28.02.2013): Der Referent_Innenrat der Humboldt-Universität hat auch mittlerweile einen Musterbrief zur Geltendmachung der Gebührenrückzahlung zur Verfügung gestellt, den Link zu dem Brief finden Sie unten bei den Fundstellen.

Fundstellen: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.11.2012, Az. 2 BvL 51/06, 2 BvL 52/06, Pressemitteilung Nr. 80/2012, Musterbrief des Referent_Innenrat der Humboldt-Universität

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat anlässlich der Herbsttagung 2012 eine systematische Auswertung der Fachliteratur zur Bekämpfung des Rechtsextremismus online gestellt. Das Werk umfasst Zusammenfassungen und Fundstellen einer Literaturauswahl zu dem besagten Thema aus den Veröffentlichungsjahren 2001 bis 2012. Die Zusammenstellung hat einen Umfang von 141 Seiten und trägt den Titel „Bekämpfung des Rechtsextremismus – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung“, sie kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.

Fundstellen: Bundeskriminalamt, Bekämpfung des Rechtsextremismus – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Der Freispruch für den ehemaligen Managers des Handballvereins Turnverein Hassee-Winterbek e. V. von 1904 (THW Kiel), Herrn Uwe Schwenker, wurde durch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.11.2012, Az. 5 StR 328/12, teilweise aufgehoben. Der Manager wurde verdächtigt, die Schiedsrichter des Rückspiels der Champions-League-Finales 2007 zwischen seinem Verein und der Spielgemeinschaft Flensburg-Handewitt Handball-Bundesliga GmbH & Co. KG (SG Flensburg-Handewitt) bestochen zu haben. Der THW Kiel gewann das Rückspiel 29:27 gegen Flensburg, nachdem das Hinspiel 28:28 unentschieden ausgegangen war. Das Landgericht Kiel hatte Schwenker und den mitangeklagten, damaligen Trainer von Kiel, Zvonimir „Noka“ Serdarušić, mit Urteil vom 26.01.2012, Az. 5 KLs 1/10, vollumfänglich freigesprochen. Hierauf bezieht sich das Urteil des Bundesgerichtshofs aber gar nicht, weil die Staatsanwaltschaft Kiel die Revision insoweit bereits zurückgenommen hatte. Damit steht die Unschuld von Zvonimir Serdarušić rechtskräftig fest. Manager, Uwe Schwenker, wurde rechtskräftig im Hinblick auf den Vorwurf der Schiedsrichterbestechung freigesprochen. Der Vorwurf der Manipulation des Finales der Champions-League ist damit als ausgeräumt anzusehen. Die Leistung der Schiedsrichter gab damals auch eigentlich keinen Anlass, eine Verschiebung des Spiels zu vermuten.

Allerdings wurde Kiels damaligem Manager im ursprünglichen Verfahren neben der Schiedsrichterbestechung noch Untreue und Betrug in Bezug auf ein Darlehen in Höhe von 60.000 € vorgeworfen, das er Herrn Serdarušić aus Vereinsgeldern gewährt haben soll. Die rechtlichen Prüfungen des Landgerichts im Hinblick auf diesen Strafvorwurf wurden vom Bundesgerichtshof als nicht ausreichend angesehen, nur in diesem Umfang muss der Fall erneut verhandelt werden und wurde an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2012, Az. 5 StR 328/12, Pressemitteilung Nr. 199/2012; Landgericht Kiel, Urteil vom 26.01.2012, Az. 5 KLs 1/10; Allgemeine Informationen zum Revisionsrecht

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) hat mit Urteil vom 22.10.2012, Az.: I-6 U 241/11, entschieden, dass ein Hobbyfußballspieler der Kreisliga A 3 für ein grobes Foulspiel in der Form eines gestreckten Beins, das der Schiedsrichter mit einer gelben Karte geahndet hat, Schadenersatz und Schmerzensgeld an den gefoulten Gegenspieler zahlen muss. Das OLG Hamm ist der Meinung, dass der rücksichtslos foulende Spieler u. a. Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € an seinen Gegenspieler zahlen muss. Der gefoulte Gegenspieler hatte sich aufgrund des Fouls so schwer am Knie verletzt, dass er nicht mehr als Maler und Lackierer arbeiten kann.

Fundstellen: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.10.2012, Az.: I-6 U 241/11, Pressemitteilung vom 26.11.2012

Das Sozialgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 18.10.2012, Az.: S 10 AS 87/09, entschieden, dass eine gezahlte Urlaubsabgeltung nicht als Einkommen auf die Hartz-IV-Leistung (Arbeitslosengeld II gemäß SGB II) anzurechnen ist, wie nun aufgrund der Pressemitteilung vom 16.11.2012 bekannt wurde. Laut dem Bundesurlaubsgesetz ist der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers abzugelten, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mehr gewährt werden kann (§ 7 Abs. 4 BurlG). Dieser Urlaubsabgeltungsanspruch ist nach dem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf nicht mit dem Arbeitslosengeldanspruch zu verrechnen, da es sich bei der gezahlten Urlaubsabgeltung um eine zweckbestimmte Einnahme handele, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei insoweit mit einer Entschädigungszahlung zu vergleichen. Sinn und Zweck der Urlaubsabgeltung stünden einer Anrechnung entgegen. Damit wird das im Sozialrecht an sich vorherrschende Zuflussprinzip im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung durchbrochen. Die Argumentation des Sozialgerichts ist nachvollziehbar und überzeugend, allerdings ist zu beachten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch auf Arbeitslosengeld I nach der ausdrücklichen, gesetzlichen Regelung im SGB III weiterhin regelmäßig zum ruhen kommt, wenn eine Urlaubsabgeltung gezahlt wird (vgl. § 157 Abs. 2 SGB III, früher § 143 SGB III aF), das Urteil gilt demnach nur für Bezieher von Hartz IV (ALG II) nicht aber für Bezieher von Arbeitslosengeld (ALG I). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es bleibt daher abzuwarten, ob sich die Rechtauslegung des Sozialgerichts Düsseldorfs durchsetzen wird.

Fundstellen: Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2012, Az.: S 10 AS 87/09, Pressemitteilung vom 16.11.2012; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht, allgemeine Informationen zum Urlaubsrecht

Der Arbeitgeber darf bereits ab dem ersten Tag einer Arbeitsunfähigkeit an die Vorlage eine Bescheinigung vom Arbeitnehmer verlangen. Eine derartige Weisung muss er nicht weiter begründen. Das entschied nun das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14.11.2012, Az. 5 AZR 886/11, geklagt hatte eine Redakteurin einer Rundfunkanstalt. Der Arbeitgeber hatte ihr die Weisung gegeben, in Zukunft bereits am ersten Tag einer Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen, um sich ein entsprechendes Attest ausstellen zu lassen und dieses dem Arbeitgeber vorzulegen. Die Weisung war nicht begründet worden, was aber nicht zu deren Unwirksamkeit führt, wie das Bundesarbeitsgericht nun festgestellt hat. Denn das Recht eines Arbeitgebers von seinen Angestellten die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer schon von dem ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen, steht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im freiem Ermessen des Arbeitgebers.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2012, Az. 5 AZR 886/11, Pressemitteilung Nr. 78/12

Der Arbeitgeber darf bei einem Bewerbungsgespräch nicht nach den Ermittlungsverfahren fragen, die die Staatsanwaltschaft gegen den Bewerber in den letzten Jahren geführt hat und die zu keiner Verurteilung geführt haben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 15.11.2012, Az. 6 AZR 339/11, entschieden, dass der Bewerber auf die Frage nach den gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren lügen darf. Eine wegen der wahrheitswidrigen Beantwortung der Frage ausgesprochene Kündigung durch den Arbeitgeber ist nichtig. Denn durch eine derartige Kündigung wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers verletzt. Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Urteil vom 15.11.2012 endlich festgestellt, dass selbst die ordentliche Kündigung gegenüber einem eingestellten Hauptschullehrer nicht wirksam sein kann, das Arbeitsgericht hatte in der 1. Instanz ursprünglich nur die außerordentliche Kündigung für rechtswidrig gehalten. Strafrechtliche Verfahrenseinstellungen werden nicht in das Bundeszentralregister aufgenommen, selbst wenn das Strafverfahren nur gegen Auflagen (Zahlung eines Geldbetrages, Ableisten von gemeinnütziger Arbeit usw.) eingestellt wird, gilt für den Beschuldigten weiterhin die Unschuldsvermutung (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.01.1991, Az. 1 BvR 1326/90).

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.11.2012, Az. 6 AZR 339/11, Pressemitteilung Nr. 79/12; Allgemeine Informationen zum Kündigungsschutz

Wie aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Oliver Höfinghoff der Berliner Fraktion der PIRATEN vom 02.07.2012 bekannt wurde, kann die Polizei, die in Berlin geltende Kennzeichnungspflicht (vgl. Blogartikel vom 15.02.2012: „Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten“), offensichtlich dadurch umgehen, dass die Mitglieder der Polizeieinheiten im Einsatz nur das T-Shirt tragen. Denn an den T-Shirts sind derzeit keine Kennzeichnungen angebracht. Außerdem werden die taktischen Kennzeichen von Versorgungseinheiten und Einheiten in Bereitschaft nicht immer getragen. Die T-Shirts könnten für je 5 € problemlos gekennzeichnet werden, wie aus der Antwort vom 23.07.2012 des Senators für Inneres und Sport auf die Anfrage hervorgeht.

Fundstellen: Senator für Inneres und Sport, Antwort auf die kleine Anfrage der Berliner Fraktion der PIRATEN vom 02.07.2012, Drucksache 17 /10 715

Nach dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26.10.2012, Az. S 81 KR 2081/10, hat der Bundestag 65 – 70 studentische Mitarbeiter, die als Besucherbetreuer angestellt waren, als Scheinselbstständige beschäftigt. Mit den Studenten wurde ein Rahmenvertrag vereinbart, wonach sie sich als freie Mitarbeiter zur selbständigen Betreuung von Besuchern des Deutschen Bundestags verpflichteten. Eine Weisungsgebundenheit der Mitarbeiter bestand laut Vertragstext nicht. Dafür erhielten die Besuchsbetreuer den festen Stundensatz von 10,00 €. Laut Vertrag bestand weder Anspruch auf Urlaub noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Entgegen der Bezeichnung im Rahmenvertrag wurden die studentischen Mitarbeiter faktisch aber wie abhängig Beschäftigte eingesetzt, so waren sie größtenteils in die Arbeitsorganisation des Besucherdienstes eingegliedert, mussten das Arbeitsmaterial des Bundestages nutzen und die vorgegebene Dienstkleidung tragen. Durch einen Infobrief wurde die Art, Weise, Dauer und Ort der Durchführung des Besuchsdienstes detailliert vorgegeben. Das typische Merkmal eines selbstständigen Unternehmers fehlte zudem, die im Besuchsdienst tätigen Mitarbeiter traf nämlich kein unternehmerisches Risiko. Der Bundestag führte nach dem Urteil des Sozialgerichts Berlin rechtswidrig keine Rentenversicherungsbeiträge für die studentischen Mitarbeiter ab. Der Rechtsstreit betraf den Zeitraum von Januar 2008 bis Oktober 2009, die rechtswidrige Nichtabführung der Sozialabgaben durch den Bundestag betrifft aber offensichtlich den Zeitraum von 2006 – 2009. Die Innenrevision des Bundestages kam bereits 2009 zu demselben Ergebnis hinsichtlich der Rechtsnatur der Arbeitsverhältnisse für das Jahr 2006 wie nun das Sozialgericht. Dennoch erhob der Bundestag Klage beim Sozialgericht auf Feststellung, dass keine Rentenversicherungspflicht vorgelegen habe. Das vorsätzliche Nichtabführen von Sozialabgaben kann übrigens eine Straftat gem. § 266a Strafgesetzbuch (StGB) darstellen, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe geahndet werden kann.

Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, Az. S 81 KR 2081/10, Pressemitteilung vom 02.11.2012

Seit dem 01.11.2012 hat sich der Mindeststundenlohn für alle in der Zeitarbeit beschäftigten Arbeitnehmer von 7,01 € in den neuen Ländern auf 7,50 € und in den übrigen Bundesländern von 7,89 € auf 8,19 € erhöht.

Fundstellen: Bundesregierung, Mitteilung vom 20.12.2011; Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen in der Zeitarbeit vom 09.03.2010 und 30.04.2010; Allgemeine Informationen zur Leiharbeit

Der Wechsel eines einmal vom Gericht bestellten Pflichtverteidigers ist nach ständiger Rechtsprechung nur möglich, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist beispielsweise dann gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Angeklagtem und Verteidiger ohne Verschulden des Angeklagten ernsthaft gestört ist, was allerdings durch konkrete Tatsachen belegt werden muss. Das Kammergericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Angeklagten nach ihrer Festnahme  bei der Vorführung vor den Haftrichter ein vom Gericht ausgewählter Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger bestellt wurde. Der Rechtsanwalt soll im weiteren Verlauf des Verfahrens trotz seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger mehrfach von der Angeklagten einen weiteres Honorar in Höhe von jeweils zwischen 8.000 € und 10.000 € gefordert haben, damit die Angeklagte von ihm auch weiter gut verteidigt werde. Nachdem sich die Angeklagte geweigert hatte, die Honorarvereinbarung über eine zusätzliche Anwaltsvergütung in Höhe von zuletzt 9.500 € zu unterzeichnen, soll der Pflichtverteidiger gesagt haben, dass seine Motivation gesunken sei, zu einem in dem Strafverfahren anberaumten Kammertermin zu gehen.

Daraufhin forderte die Angeklagte die Entpflichtung des Pflichtverteidigers, was der Vorsitzende der Strafkammer beim Landesgericht Berlin mit der Begründung ablehnte, dass gewisse Differenzen in finanziellen Fragen nicht zu einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses führten und daher für die Entpflichtung nicht ausreichten. Gegen diesen Beschluss des Landgerichts Berlin erhob die Angeklagte Beschwerde, das Kammergericht gab der Beschwerde mit Beschluss vom 23.01.2012, Az. 4 Ws 3/12, 4 Ws 3/12 – 141 AR 42/12, nun statt. Denn ein Angeklagter muss uneingeschränkt darauf vertrauen können, dass ein Pflichtverteidiger sein Engagement nicht danach bemisst, ob der Angeklagte ein zusätzliches Honorar zahlt. Das Kammergericht hob dementsprechend die Bestellung des Pflichtverteidigers -wie von der Angeklagten gewünscht- auf und ordnete einen anderen Rechtsanwalt als neuen Pflichtverteidiger bei.

Fundstellen: Kammergericht Berlin, Beschluss vom 23.01.2012, Az. 4 Ws 3/12, 4 Ws 3/12 – 141 AR 42/12; Allgemeine Informationen zur Pflichtverteidigung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12, entschieden, dass der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzuges ordentlich kündigen kann, ohne dass der Mieter mit zwei Monatsraten der Miete in Verzug zu sein braucht oder mit einem Betrag, der insgesamt zwei Monatsraten der Miete entspricht, in Verzug zu sein braucht. Die ordentliche Kündigung kann also bereits bei geringeren Zahlungsrückständen des Mieters ausgesprochen werden. Allerdings ist die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs dann ausgeschlossen, wenn der Zahlungsrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt, denn ein derartiger Zahlungsrückstand stellt bloß eine unerhebliche Verletzung der Zahlungspflicht dar.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12, Pressemitteilung Nr. 167/2012; Allgemeine Informationen zum Mietrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25.10.2012, Az. III ZR 266/11, ein Urteil zur Haftung des Betriebsrats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Der Betriebsrat hatte sich extern betriebswirtschaftlich über das Interessenausgleichsverfahren beraten lassen. Das Beratungsunternehmen verklagte nun den Betriebsrat als Gremium sowie den Betriebsratsvorsitzenden und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende auf Zahlung des Beratungshonorars. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgelehnt, der Bundesgerichthof stellte demgegenüber nunmehr klar, dass der Vertrag zwischen dem Betriebsrat und dem Beratungsunternehmen nur insoweit wirksam ist, wie die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich und das versprochene Entgelt marktüblich ist. Denn derartige durch den Betriebsrat verursachte Kosten hätte im Ergebnis der Arbeitgeber zu tragen, er müsste in diesem Fall den Betriebsrat von den Kosten freistellen. Dem Betriebsrat steht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum zu, ob die Kosten der Beratung erforderlich sind. Nur wenn ein Betriebsratsvorsitzender außerhalb dieser Grenzen gehandelt hat, kann er nach den Grundsätzen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht persönlich haftbar gemacht werden. Darüber muss nun das Oberlandesgericht Frankfurt am Main erneut verhandeln.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2012, Az. III ZR 266/11, Pressemitteilung Nr. 180/2012; Allgemeine Informationen zum Betriebsverfassungsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 16.10.2012, Az. 9 AZR 183/11, entschieden, dass es einem Bundesland untersagt ist, Schulfahrten nur unter der Bedingung zu genehmigen, dass die teilnehmenden Lehrer auf die Erstattung ihrer Reisekosten verzichten. In einer derartigen Praxis ist ein grober Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn zusehen, zudem stellt die Vorgehensweise des Bundeslandes eine unzulässige Rechtsausübung dar. Betroffene Lehrkräfte können demnach die tatsächlich angefallenen Reisekosten in voller Höhe ersetzt verlangen.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2012, Az. 9 AZR 183/11, Pressemitteilung Nr. 71/12; Allgemeine Informationen zum Arbeitslohn

Der Bundesrat hat der Erhöhung der Regelleistung nach dem SGB II (Hartz IV) um 8,00 € zugestimmt. Alleinstehende erhalten ab Januar 2013 eine Regelleistung in Höhe von 382,00 €, daneben muss das Jobcenter die Kosten der Unterkunft (bspw. die Miete) übernehmen. Für in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Partner steigt der Regelsatz ebenfalls um 8,00 € auf jeweils 345,00 €.

Fundstellen: Bundesrat, Beschluss vom 12.10.2012, Drucksache 553/12; Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Verordnung vom 20.09.2012, Drucksache 553/12, Pressemitteilung Nr. 147/2012; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht

Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 29.09.2012, Az. S 73 KR 1505/10, entschieden, dass Toilettenfrauen der Mindestlohn nach dem Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk zusteht. Der allgemeinverbindliche, tarifliche Mindestlohn betrug 7,87 € pro Stunde ab dem Jahr 2005 und 8,15 € ab dem Jahr 2008, der klagende Betrieb hatte in diesen Jahren aber nur einen Lohn zwischen 3,60 € und 4,50 € die Stunde gezahlt. Die Rentenversicherung forderte nun Sozialversicherungsbeiträge für diesen Zeitraum nach, wogegen sich die Reinigungsfirma mit der Klage beim Sozialgericht gewandt hat. Sie argumentierte, dass nicht die Reinigungsdienst sondern die Trinkgeldaufsicht im Vordergrund der Tätigkeit der Angestellten gestanden habe, der Anwendungsbereich des Tarifvertrags sei daher nicht gegeben. Dem widersprach nun das Sozialgericht Berlin, der Betrieb habe überwiegend Gebäudereinigungsleistungen erbracht, daher ist der Tarifvertrag einschlägig, neben der Inhalte und Aufgabenzuweisungen der Verträge des klagenden Betriebs mit den Auftraggebern ergibt sich das auch aus dem Geschäftsmodell des Betriebs selbst. Denn der Betrieb wird ganz vorrangig über die Einnahme freiwilliger Trinkgelder finanziert, die Trinkgelder werden wiederum vom Kunden aber ganz überwiegend zur Honorierung von mühevollen Reinigungsleistungen erbracht. Demnach liegt der Schwerpunkt des Betriebs auf den erbrachten Reinigungsarbeiten. Das Sozialgericht weist am Ende des Urteils zudem zutreffend darauf hin, dass die gezahlten Löhne des Reinigungsbetriebs evident sittenwidrig zu niedrig seien. Die Firma muss nun über 100.000 Euro Versicherungsbeiträge nachzahlen, zudem dürften Nachforderungen der beschäftigten Toilettenfrauen auf den Reinigungsbetrieb zukommen.

Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 29.08.2012, Az. S 73 KR 1505/10; Pressemitteilung vom 28.09.2012; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht und zum Tarifrecht

Die Abteilung Strafrecht des Vereins „Deutscher Juristentag“ (DJT) hat u. a. den Beschluss gefasst, dass hinsichtlich „datenbezogener“ Strafbestimmungen für schwerwiegende und breitflächige Angriffe Qualifikationstatbestände mit erhöhter Strafandrohung vorzusehen seien. „Zugleich sollten bei diesen Qualifizierungen weiterreichende Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden (unter anderem Telekommunikationsüberwachung) geschaffen werden.“ Weiterhin solle ein heimliches Eindringen in ein informationstechnisches System zum Zwecke einer repressiven Quellen-Telekommunikationsüberwachung ermöglicht werden (vgl. Beschluss 4. A) aa)). Zudem soll den Ermittlungsbehörden ein heimliches Eindringen in ein System zum Zwecke einer repressiven Online-Durchsuchung erlaubt werden, wenn es nach den Vorstellungen der Abteilung Strafrecht des DJT geht. Vorschläge, das Informationsrecht des Datenschutzbeauftragten zu stärken, wurden dagegen abgelehnt. Die gefassten Beschlüsse wurden zurecht u. a. vom Organisationsbüros der Strafverteidigervereinigungen, vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und dem Chaos Computer Club (CCC) kritisiert und abgelehnt. In der Presseerklärung vom 30.09.2012 weisen diese Organisationen richtiger Weise darauf hin, dass es sich bei dem Deutschen Juristentag um einen privaten Verein handelt, der nicht die Juristinnen und Juristen in Deutschland repräsentiert. In der Abteilung Strafrecht haben nur um die 80 Teilnehmende abgestimmt. Es dürfte innerhalb der Anwaltschaft auch eher der gegenteilige Konsens vorherrschen, dass jedenfalls zunächst die Beschuldigtenrechte gestärkt werden müssen, bevor erneut weitgehende Eingriffsmöglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden geschaffen werden können. Diesem Befund stimmte auf internationaler Ebene sogar der Kabinettschef von EU-Justizkommissarin Vivian Reding, Prof. Martin Selmayer, auf dem 5. EU-Strafrechtstag in Bonn zu. Da im Hinblick auf die Beschlüsse des DJT offenbar ein beträchtlicher Nachholbedarf besteht, weise ich in diesem Zusammenhang auch auf den Sammelband „Datenschutz: Grundlagen, Entwicklungen und Kontroversen“ hin, den die Bundeszentrale für politische Bildung auszugsweise zur kostenlosen Lektüre online gestellt hat, die Leseprobe des Bandes kann hier als pdf-Datei (2.9 MB) heruntergeladen werden.

Fundstellen: Deutscher Juristentag, Beschlüsse des 69. Juristentags vom 21.09.2012; gemeinsame Presseerklärung  vom 30.09.2012 des Organisationsbüros der Strafverteidigervereinigungen, des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) und des Chaos Computer Clubs (CCC); Bundeszentrale für politische Bildung, Datenschutz: Grundlagen, Entwicklungen und Kontroversen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 15.08.2012, Az. 7 ABR 34/11, die Betriebsratswahlen eines privaten Unternehmens für unwirksam erklärt, weil das das passive Wahlrecht von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes missachtet worden war. In dem Betrieb des privaten Unternehmens waren auch 300 angestellte Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Fälschlicher Weise hielt der Wahlvorstand diese Arbeitnehmer bei den Betriebsratswahlen nicht für wählbar . Die dagegen erhobene Wahlanfechtung einer Gewerkschaft hatte nun Erfolg, denn nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit können auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in keinem Arbeitsverhältnis zum privatrechtlich organisierten Unternehmen stehen, in den Betriebsrat gewählt werden, wenn sie in den Betrieb des Privatunternehmens eingegliedert sind. Nichts anderes gilt im Übrigen für Beamte, Soldaten und Auszubildende im öffentlichen Dienst (vgl. § 5 Abs. 1 S. 3 Betriebsverfassungsgesetz).

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.08.2012, Az. 7 ABR 34/11, Pressemitteilung Nr. 58/12; Allgemeine Informationen zum Betriebsverfassungsrecht

Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin kann mit der Kündigungsschutzklage nicht erfolgreich gegen ihre Entlassung vorgehen, denn das Kündigungsschutzrecht setzt ein Arbeitsverhältnis voraus. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 29.08.2012, Az. 10 AZR 499/11, klargestellt. Die Klägerin war ehrenamtlich bei dem Träger einer örtlichen Telefonseelsorge im Umfang von zehn Stunden im Monat tätig. Dafür erhielt sie  einen Unkostenersatz in Höhe von 30,00 €. Als die ehrenamtliche Mitarbeiterin im Januar 2010 von ihrer Tätigkeit entbunden wurde, wollte sie das nicht akzeptieren und erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun, dass durch die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit kein Arbeitsverhältnis begründet wird und daher das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist. Eine Anwendbarkeit komme nur dann in Betracht, wenn durch die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit zwingende arbeitsrechtliche Schutzvorschriften umgangen werden sollen, was in dem zu entscheidenden Fall aber nicht gegeben war.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.08.2012, Az. 10 AZR 499/11, Pressemitteilung Nr. 62/12; Allgemeine Informationen zum Kündigungsrecht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 12.09.2012, Az. 16 W 36/12, entschieden, dass die Passage in einem Artikel der Zeitung „taz“ vom 18.6.2012 über Dr. Thilo Sarrazin, er „wird inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss … fragt sich nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?“ von der Pressefreiheit gedeckt wird. Dr. Thilo Sarrazin sah darin eine unzulässige Schmähkritik und beantragte dagegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das wurde jedoch vom Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 24.7.2012, Az. 2-3 O 276/12, abgelehnt. Diese Entscheidung bestätigte nun das Oberlandesgericht mit dem Beschluss vom 12.09.2012, denn auch polemische oder überspitzte Kritik wird von der Meinungs- und Pressefreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt.

Fundstellen: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 16 W 36/12, Pressemitteilung vom 14.09.2012; Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.7.2012, Az. 2-3 O 276/12



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