Um diese Webseite optimal gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir sogenannte Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erneut mit Beschluss vom 16. August 2012, Az. 5 StR 238/12 ein Urteil des Landgerichts Berlin in dem Verfahren gegen einen Berliner Schönheitschirurgen aufgehoben. Nach einer vom Angeklagten durchgeführten Operation im Jahr 2006 war die Patientin wegen einer Hirnschädigung verstorben. Der Schönheitschirurg hat es dabei u. a. unterlassen einen Anästhesisten beizuziehen und die Patientin nach Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes rechtzeitig auf eine Intensivstation zu verlegen. Die Patientin verstarb in Folge der vom Angeklagten durchgeführten Operation zur Bauchdeckenstraffung, Fettabsaugung, der Entfernung einer Blinddarmoperationsnarbe und der Versetzung des Bauchnabels. Der Arzt hatte laut Urteil des Landgerichtes der Patientin wahrheitswidrig zugesichert, dass ein Anästhesist an der Operation teilnehmen würde. Während des ärztlichen Eingriffs traten dann Komplikationen in der Form eines Herz-Kreislauf-Stillstandes auf, weshalb der Chirurg mit Reanimierungsmaßnahmen begann. Anschließend stabilisierten sich die Vitalwerte der Patientin wieder. Trotz des kritischen Gesundheitszustandes der Patientin veranlasste der Angeklagte nicht unverzüglich, dass die Patientin auf die Intensivstation eine Krankenhauses eingeliefert wurde, sondern führte zunächst seine Sprechstunde nach der Operation normal weiter, erst nachdem einige Stunden vergangen waren und die Patientin immer noch nicht aus der Narkose aufgewacht war, veranlasste der Angeklagte die Einlieferung in ein Krankenhaus, allerdings ohne dem Krankenhauspersonal von dem eingetretenen Herzstillstand und den von ihm verabreichten Medikamenten zu berichten. Die Patientin erwachte nicht wieder aus der Narkose und verstarb noch im Krankenhaus an den Folgen einer globalen Hirnsubstanzerweichung, die durch eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns ausgelöst worden war.

Das Landgericht Berlin verurteilte den angeklagten Arzt mit Urteil vom 01.03.2010, Az. 1 Kap Js 721/06 Ks,  wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, zusätzlich verhängte es ein vierjähriges Berufsverbot und erklärte ein Jahr der verhängten Freiheitsstrafe wegen überlanger Verfahrensdauer für bereits vollstreckt. Das Landgericht Berlin stellte u. a. fest, dass die Patientin bei einer sofortigen Verlegung in ein Krankenhaus nach der Reanimation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überlebt, zumindest eine nicht unerhebliche Zeit länger gelebt hätte.

Dieses Urteil hob der BGH wegen der unzureichenden Prüfung des bedingten Tötungsvorsatzes einerseits  und des versuchten Mordes durch Unterlassen andererseits auf. Das Landgericht habe das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes nur mit lückenhaften, die Feststellungen zum Handlungsablauf und zur Interessenlage nicht erschöpfenden Erwägungen belegt. Die Strafzumessung und den Strafnachlass im Urteil des Landgerichts Berlin waren darüber hinaus fehlerhaft. Deshalb verwies der BGH das Urteil an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Berlin zurück.

Das Landgericht Berlin verurteilte den Arzt nun mit Urteil vom 16.12.2011, Az. (540) 1 Kap Js 721/06 Ks (12/11), wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord (durch Unterlassen) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und einem Berufsverbot von 5 Jahren. Eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention versagte das Gericht im Gegensatz zum ersten Urteil dieses Mal.

Auch dieses Urteil des Landgerichts Berlin hob der BGH nun mit Beschluss vom 16.08.2012 wegen erneuter Mängel in der Beweiswürdigung auf, der Angeklagte sei laut dem Beschluss allein der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Das Landgericht Berlin muss nun zum dritten Mal über die Strafhöhe und die Länge des Berufsverbots verhandeln. Das Berufsverbot darf dabei wegen des Verschlechterungsverbotes nicht über vier Jahren liegen. Eine Kompensation für die lange Verfahrensdauer wird es dieses Mal mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geben. Nach den vom BGH im Beschluss vom 16.08.2012 gegebenen Hinweisen, dürfte eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu erwarten sein, wobei die Annahme eines minderschweren Falles, wie sie das Landgerichts Berlin im ersten aufgehobenen Urteil noch angenommen hat, unwahrscheinlich sein dürfte.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.08.2012, Az. 5 StR 238/12, Pressemitteilung Nr. 140/12;  Urteil vom 07.07.2011, Az. 5 StR 561/10; Pressemitteilung Nr. 125/2011

Zum Seitenanfang