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Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urteil vom 24.01.2012, Az. C‑282/10 entschieden, dass eine nationale Regelung, nach der die Gewährung des Urlaubs von einer tatsächlich geleisteten Mindestarbeitszeit während des Bezugsjahrs abhängt, gegen das Recht der Europäischen Union verstößt und daher nicht angewendet werden darf. Es ging dabei um die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG (RL 2003/88/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Nach Art. 7 RL 2003/88/EG hat jeder Arbeitnehmer eines Mitgliedstaates der EU Recht auf einen Mindesturlaub von 4 Wochen. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf dabei grundsätzlich -außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses- nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Bei der Entscheidung ging es um die Wirksamkeit einer französischen, arbeitsgesetzlichen Regelung wonach, „die Entstehung des Anspruchs auf Jahresurlaub davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer für eine Mindestanzahl von Tagen gearbeitet haben muss, und zum anderen nicht jede Art von unfallsbedingter Abwesenheit vom Arbeitsplatz als Arbeitszeit angerechnet wird.“ Die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta EU). Nach Art. 31 Abs. 2 Charta EU hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub. Die Klägerin war von November 2005 – Januar 2007 durchgehend krankgeschrieben. Deshalb verweigerte ihr der Arbeitgeber den ihr für diesen Zeitraum zustehenden, vollen Urlaubsanspruch und gewann damit die Prozesse in den unteren Instanzen der französischen Arbeitsgerichte. Der Cour de cassation legte den Fall nun Gerichtshof der EU vor. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den Fall nun mit Urteil vom 24.01.2012 in der Weise entschieden, dass die Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen ist, dass der gesetzliche Jahresurlaub auch bei langanhaltender, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zu gewähren ist und nicht von einer Mindestanzahl von Arbeitstagen abhängig gemacht werden kann. Der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ist nach dem Urteil des EuGH als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen. Die Entstehung dieses Anspruchs darf daher nicht von irgendeiner, zusätzlichen Voraussetzung abhängig gemacht werden. Allerdings kann sich der Einzelne sich nicht gegenüber Privaten unmittelbar auf eine Richtlinie berufen, es wird daher von dem französischen Gericht zu prüfen sein, ob im konkreten Fall überhaupt gegen den Arbeitgeber unmittelbar geltend gemacht werden kann oder nur eine Haftungsklage der Arbeitnehmerin gegen den Staat in Frage kommt.

Fundstellen: Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 24.01.2012, Az. C‑282/10, Pressemitteilung vom 24.01.2012; Schlussanträge der Generalanwältin VERICA Trstenjak vom 8. September 2011(1), Allgemeine Informationen zum Urlaubsrecht

Auch einer langjährig arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin steht ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubsanspruches zu, allerdings verfällt der der Abgeltungsanspruch nach Ablauf von 15 Monaten. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 7. August 2012, Az. 9 AZR 353/10, danach ergebe die europarechtskonforme Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) und des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes  (TVöD), dass der auf das Arbeitsverhältnis der -bei einer Rehabilitationsklinik angestellten- Arbeitnehmerin Anwendung fand, eine Verfallsfrist von 15 Monaten. Die Arbeitnehmerin bezog vom 20.12.2004 an eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung und konnte bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2009 die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Sie forderte vom Arbeitgeber die Zahlung wegen der Abgeltung ihres Urlaubsanspruches in Höhe 18.841,05 €, da sie während der Zeit der Krankheit und der Erwerbsminderung den Urlaub nicht nehmen konnte. Das Bundesarbeitsgericht stellte nun mit dem Urteil vom 07.08.2012 klar, dass jeder Arbeitnehmer grundsätzlich nach dem Bundesurlaubsgesetz auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub habe, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Dies gelte auch im Anwendungsbereich des TVöD, wenn die Arbeitnehmerin eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat. Das betrifft aber zum einen nur den unabdingbaren Mindesturlaub sowie den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen, zum anderen verfällt der Anspruch nach unionsrechtkonformer Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes allerdings nach Ablauf von 15 Monaten. Das BAG lehnte daher die geltend gemachte Forderung für die Jahre 2005 bis 2007 ab und entsprach der Klage der Arbeitnehmerin lediglich in Höhe von 3.919,95 €.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.08.2012, Az. 9 AZR 353/10, Pressemitteilung Nr. 56/12; Allgemeine Informationen zum Urlaubsrecht

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