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Ein Leiharbeitnehmer kann sich unter Umständen erfolgreich beim entleihenden Unternehmen einklagen, wenn ihm von der Leiharbeitsfirma gekündigt wird. Das geht aus den Urteilen des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24.07.2013, Az. 3 Sa 1749/12 und des ursprünglichen Urteils des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.12.2012, Az. 6 Ca 1016/12 hervor. Der dortige Kläger war über einen Werkvertrag bei einem entleihenden Betrieb tätig. Schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten im Wareneingang, in der Poststelle sowie mit Hausmeistertätigkeiten betraut. Ihm wurde nach zirka 4 Jahren von der Leiharbeitsfirma gekündigt. Dagegen erhob er Klage gegen den entleihenden und gegen den verleihenden Betrieb u. a. auf Schadensersatz und die Feststellung, dass ein  Arbeitsverhältnis zum entleihenden Betrieb, einer Tochterfirma des Bertelsmann-Konzerns, unbefristet fortbesteht. Die Leiharbeitsfirma verfügte nämlich über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit). Der Kläger machte geltend, dass zudem kein wirksamer Werkvertrag vorgelegen habe, da er vollständig in die Betriebsorganisation des entleihenden Betriebes eingegliedert war. Die Ausübung des Weisungsrechts oblag zudem faktisch dem entleihenden Betrieb. Der Kläger erhielt in beiden Instanzen Recht, beide Gerichte gingen einer aufgrund einer Gesamtbetrachtung der einzelnen Umstände folgend davon aus, dass unzulässige Leiharbeit vorgelegen habe. Entscheiden war, dass die Leiharbeitsfirma nicht über die notwendige Genehmigung verfügte, weshalb aufgrund gesetzlicher Fiktion davon auszugehen war, dass zwischen dem entleihenden Betrieb und dem Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Der entleihende Betrieb muss den Arbeitnehmer nun weiter beschäftigen. Entscheidend ist dabei für die rechtliche Einordnung des Vertrages dessen Geschäftsinhalt und nicht die gewünschte Rechtsfolge oder die Bezeichnung des Vertrages, im Zweifelsfalle muss auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages abgestellt werden.

Fundstellen: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 24.07.2013, Az. 3 Sa 1749/12, Pressemitteilung vom 24.07.2013, Arbeitsgericht Bielefeld, Urteil vom 05.12.2012, Az. 6 Ca 1016/12

Das Jobcenter darf eine Sanktion wegen einer Arbeitgeberkündigung nur dann aussprechen und das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) mindern, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Absicht herbeigeführt hat. Das Gericht hatte über den Fall einer geringfügig als Haushaltshilfe beschäftigten zu entscheiden, die Kündigungen ihrer Arbeitgeber erhalten hatte. Sie war mehrfach nicht zu ihrer Arbeit wegen einer  Gelenkerkrankung und eines Alkoholproblems erschienen. Das Sozialgericht wies insoweit darauf hin, dass es der Hartz-IV-Bezieherin gerade darauf ankommen müsse, aufgrund ihrer Handlungen gekündigt zu werden, um sodann mehr Sozialleistungen zu beziehen. Das Jobcenter hängte daraufhin die Kürzung des Regelbedarfs um 30 % wieder auf.

Fundstellen: Sozialgericht Mainz, Beschluss vom 23.05.2013, Az. S 15 AS 438/13 ER, Pressemitteilung Nr. 7/2013

Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin kann mit der Kündigungsschutzklage nicht erfolgreich gegen ihre Entlassung vorgehen, denn das Kündigungsschutzrecht setzt ein Arbeitsverhältnis voraus. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 29.08.2012, Az. 10 AZR 499/11, klargestellt. Die Klägerin war ehrenamtlich bei dem Träger einer örtlichen Telefonseelsorge im Umfang von zehn Stunden im Monat tätig. Dafür erhielt sie  einen Unkostenersatz in Höhe von 30,00 €. Als die ehrenamtliche Mitarbeiterin im Januar 2010 von ihrer Tätigkeit entbunden wurde, wollte sie das nicht akzeptieren und erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun, dass durch die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit kein Arbeitsverhältnis begründet wird und daher das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist. Eine Anwendbarkeit komme nur dann in Betracht, wenn durch die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit zwingende arbeitsrechtliche Schutzvorschriften umgangen werden sollen, was in dem zu entscheidenden Fall aber nicht gegeben war.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.08.2012, Az. 10 AZR 499/11, Pressemitteilung Nr. 62/12; Allgemeine Informationen zum Kündigungsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 06.09.2012, Az. 2 AZR 372/11, entschieden, dass einem Angestellten im öffentlichen Dienst wegen des Weiterleitens eines verfassungsfeindlichen Newsletters wirksam gekündigt werden kann. Zwar stelle die bloße Mitgliedschaft in der NPD oder ihre Jugendorganisation (JN) allein noch keinen Kündigungsgrund dar, ein Mindestmaß an Verfassungstreue ist aber auch für einen angestellten Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst unabdingbar. Arbeitnehmer dürfen beispielsweise keine Aktivitäten entfalten, um den Staat oder die Verfassung und deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Im vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall, hat der gekündigte Arbeitnehmer einen Demonstrationsaufruf per Newsletter weitergeleitet. In dem Text des Aufrufs wurde u. a. zur Revolution aufgerufen, bei der es auch Tote geben könne. Die „BRD“ könne Angst vor dem zu wagenden Aufstand haben.

Das Bundesarbeitsgericht entschied mit dem Urteil vom 06.09.2012 nun, dass sich der Arbeitnehmer durch das Weiterleiten des Aufrufs dessen Inhalt zueigen gemacht und damit das Fehlen eines Mindestmaßes an Verfassungstreue dokumentiert habe. Das Eintreten für einen gewaltsamen Umsturz stelle insoweit zumindest einen personenbedingten Kündigungsgrund dar, selbst dann wenn das Verhalten noch nicht strafbar sei.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.09.2012, Az. 2 AZR 372/11, Pressemitteilung Nr. 64/12; Allgemeine Informationen zum Kündigungsrecht

In Folge des Urteils des Bundesarbeitsgerichts zum Fall „Emely“ (vgl. Artikel vom 10.09.2011) hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 16.09.2010 (Az. 2 Sa 509/10) entschieden, dass die gegenüber einer Zugansagerin ausgesprochene Kündigung eines Unternehmens des deutschen Bahnverkehrs rechtsunwirksam ist. Die Arbeitnehmerin hatte bei einer Veranstaltung rund 166 € zu viel an Bewirtungskosten unter Vorlage falscher Quittungen abgerechnet. Bei der Arbeitgeberin bestand eine Konzernrichtlinie, der zufolge u.a. die Bewirtung von Mitarbeitern im Rahmen einer Feier aus Anlass eines 40-jährigen Dienstjubiläums zulässig ist und die Beklagte Aufwendungen hierzu bis zu einer Höhe von 250,00 € übernimmt. Die Bahnansagerin soll nur 83,90 € für ihre Jubiläumsfeier ausgegeben haben, aber einen Betrag in Höhe von 250,00 € gegenüber ihrer Arbeitgeberin angerechnet haben. Ihre Betriebszugehörigkeit währte allerdings über 40 Jahre, ohne dass es zu Beanstandungen seitens des Arbeitgebers gekommen war.  Bei dem Verhalten der Arbeitnehmerin handelte es sich nach Auffassung des Gerichts auch um eine grobe Pflichtverletzung von strafrechtlicher Relevanz. Vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber begangene Vermögensstraftaten stellen zudem an sich einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar, der zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung geeignet ist.

Im konkreten Fall reiche die begangene Pflichtverletzung im Rahmen der Interessenabwägung jedoch nicht für die Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung aus. Das Vertrauensverhältnis sei nach Auffassung des Gerichts nicht durch die einmalige Verfehlung so zerstört, dass es die fristlose Kündigung rechtfertigen würde. Denn die Pflichtverletzung erfolgte nicht bei der Kerntätigkeit der Arbeitnehmerin. Zudem kommt einer langjährigen beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit und dem damit angesammelten Vertrauenskapital ein sehr hoher Wert im Rahmen der Interessenabwägung zu, so dass auch eine erhebliche Pflichtverletzung nicht ohne weiteres zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen muss. Außerdem wurde durch das Landesarbeitsgericht Berlin im Rahmen der Interessenabwägung positiv für die Arbeitnehmerin gewertet, dass sie den Vorfall bei ihrer Befragung durch die Arbeitgeberin unumwunden eingeräumt und somit die Ermittlungsarbeit und Aufklärungsarbeit der Arbeitgeberin nicht behindert habe. Negativ wurde gewertet, dass der Schaden deutlich oberhalb der Bagatellgrenze lag. Trotz des relativ hohen Schadensbetrages hat das Gericht geurteilt, dass die Kündigung unwirksam war, es führt aus: „Insofern zeigt der vorliegende Fall auch, dass der „Schadensbetrag“ keine notwendige Signifikanz für den Unwertcharakter mit sich bringt, welcher einer pflichtwidrigen Handlung anhaftet.“ Dass die außerordentliche Kündigung unwirksam war, war für die Arbeitnehmerin von entscheidender Bedeutung, denn auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag Schiene Anwendung; nach dessen Regelungen das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich nicht mehr kündbar war. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2010, Az. 2 Sa 509/10

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