Das größte Sozialgericht Deutschlands, das Sozialgericht Berlin, hat am 11.01.2012 Bilanz über das vergangene Jahr 2011 gezogen. 2011 gingen dort (im 12 Minuten Takt) insgesamt 43.832 neue Verfahren ein, damit ist ein geringer Rückgang im Vergleich zum Jahr 2010 zu verzeichnen. 30732 Klagen waren dabei dem Komplex „Hartz IV“ zuzurechnen. (vgl. Graphik). Die Hartz-IV-Verfahren machen einen Anteil von zirka 70 % der gesamten Verfahren aus (vgl. Graphik). Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die Anzahl der jährlich eingereichten Klagen und Verfahren um 24235 Verfahren gestiegen (vgl. Graphik). Die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin führt insoweit aus: „Kein Kläger bläst zum Sturm auf unser Sozialsystem. Kaum einer prozessiert aus Prinzip.“ Die vier Hauptursachen der Klagen seien vielmehr folgende: Kosten der Unterkunft, Anrechnung von Einkommen auf Leistungen, Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen und die Verletzung gesetzlicher Bearbeitungsfristen durch die Jobcenter. Gerade bei den Unterkunftskosten entzündet sich oft der Rechtsstreit an der Tabelle der Jobcenter nach der Verwaltungsvorschrift „AV-Wohnen“, denn diese hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, für rechtswidrig erklärt. Neue rechtmäßige Mietgrenzwerte sind aber seitdem (in Berlin) vom Gesetzgeber nicht festgelegt worden. Die Erfolgsquote der Verfahren beim Sozialgericht blieb auch 2011 bei 54 % unverändert hoch. Ein Verfahren dauert beim Sozialgericht Berlin durchschnittlich 12 Monate. Dennoch ist ein Aktenstau von 40.210 unerledigter Verfahren mittlerweile angefallen (vgl. Graphik).
Bedenkt man, dass auch viele Widerspruchsverfahren Erfolg haben, dann ist die hohe Erfolgsquote ebenso beachtlich wie die Fehleranfälligkeit von Bescheiden der Agentur für Arbeit bzw. der Jobcenter. Bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer hat das Sozialgericht allerdings offensichtlich die vielen Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz mitgerechnet, die sich nach wenigen Tagen bzw. Wochen erledigen, welche den Durchschnitt deutlich gedrückt haben dürften. Insgesamt kann es sich durchaus lohnen, seinen Bescheid fachkundig überprüfen zu lassen.
Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Presseerklärung vom 11.01.2012; Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht