Das Amtsgericht Bernau hält die Strafverfolgung von Cannabisdelikten für verfassungswidrig und hat diese Frage daher mit Beschluss vom 18.09.2019 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Nach Auffassung des Amtsgerichts Bernau sind alle Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) verfassungswidrig, soweit sie Cannabisprodukte in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG mit der Folge aufführen, dass der unerlaubte Verkehr mit diesen Stoffen den Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegt.
Auch die Strafverfolgung des Erwerbs von Cannabis hält das Amtsgericht Bernau für verfassungswidrig. Der Beschluss des Amtsgerichts Bernau wurde umfangreich begründet und nunmehr veröffentlicht. Die Bestrafung von Cannabisdelikten verstößt nach dem Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau u. a. gegen das Freiheitsrecht der Bürger, den Gleichheitsgrundsatz, das Gesetzlichkeitsprinzip, die allgemeine Handlungsfreiheit und das Recht auf Rausch.
Das Amtsgericht Bernau hält eine verfassungskonforme Auslegung der Normen des Betäubungsmittelgesetzes etwa durch die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, von einer Bestrafung abzusehen, für nicht möglich. Dies ergäbe sich vor allem aus der Strafrechtspraxis, die hiervon wenig Gebrauch mache. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus (Stand 22.04.2020).
Fundstellen: Amtsgericht Bernau, Beschluss vom 18.09.2019, Az. 2 Cs 226 Js 7322/19 (346/19); Pressemitteilung vom 20.04.2020
Nachtrag (03.11.2023): Bundesverfassungsgericht weist Normenkontrollverfahren zur Verfassungswidrigkeit der Strafverfolgung von Cannabisdelikten zurück
Zwischenzeitlich hatten auch das Amtsgericht Münster und das Amtsgericht Pasewalk Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse erlassen, weil sie die Strafnormen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) für verfassungswidrig erachteten, soweit diese den Umgang mit Cannabisprodukten betreffen. Die Amtsgerichte führten an, dass sich das strafbewehrte Cannabisverbot nicht mit dem Grundgesetz in Einklang bringen lasse. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorlagen allerdings mit dem Beschluss vom 14.06.2023, Az. 2 BvL 3/20, als unzulässig zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht konnte keine Verfassungswidrigkeit erkennen.
Fundstellen: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.06.2023, Az. 2 BvL 3/20 (ebenso Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.07.2023, Az. 2 BvL 9/23)