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Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 05.11.2019, Az. 1 BvL 7/16, entschieden, dass die derzeitige Sanktionsregelung für Hartz-IV-Bezieher teilweise verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Staat verpflichtet ist, das menschenwürdige Existenzminimum jedes Menschen sicherzustellen und dass die eigenständige Existenzsicherung des Menschen ist nicht Bedingung dafür sein kann, dass ihm Menschenwürde zukommt.

Das Bundesverfassungsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Sanktionsregelungen teilweise zu starr sind, weil sie außergewöhnliche Härten nicht ausreichend berücksichtigen und einen Sanktionszeitraum von drei Monaten vorgeben, ohne dass hiervon abgewichen werden kann. Hier hat der Gesetzgeber die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums überschritten.

Die Sanktionierung einer wiederholten Mitwirkungsverpflichtung in Höhe von 60 % des Regelbedarfs ist zudem verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Die Minderung des Hartz-IV-Satzes in der Höhe von 60 % ist unzumutbar, weil das grundrechtlich gewährleistete Existenzminimum nicht mehr gewährleistet wird und starr für drei Monate angeordnet wird.

Konsequenterweise hat das Bundesverfassungsgericht zudem entschieden, dass der vollständige Wegfall des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) wegen einer Pflichtverletzung verfassungswidrig ist. Nach dieser Entscheidung dürfen derzeit also keine Sanktionen über 30 % des Regelsatzes verhängt werden. Von einer Sanktionierung kann abgesehen werden, wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Die Behörde kann zudem die Leistungen wieder erbringen, sobald die Mitwirkungspflicht erfüllt wird oder der Leistungsberechtigte sich ernsthaft und nachhaltig bereit erklärt, den Pflichten nachzukommen.

Fundstelle: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 74/2019, Urteil vom 05.11.2019, Az. 1 BvL 7/16

Verhängt das Jobcenter eine Sanktion gegen einen Bezieher von Hartz IV und kürzt dabei die Leistungen für die Miete, so dürfen die anderen Familienmitglieder nicht einfach in Mithaftung genommen werden. Unter Umständen müssen die Leistungen für Unterkunftskosten dann für die anderen in der Wohnung lebenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend erhöht werden. Das Bundessozialgericht (BSG) entschied daher mit Urteil vom 23. Mai 2013, Az. B 4 AS 67/12 R, dass sich infolge einer sanktionsbedingten Kürzung des Anteils der Miete für ein Familienmitglied auf 0,00 € sich die zu tragenden Wohnungsaufwendungen für die anderen Familienmitglieder erhöht haben. Das Jobcenter hätte ihnen gegenüber einen entsprechend höheren Betrag für die Miete und die Nebenkosten genehmigen müssen. Das Bundessozialgericht merkt in der Pressemitteilung vom 23.05.2013 zum einen an, dass bereits fraglich sei, ob das Jobcenter  den Mietanteil des sanktionierten Familienmitglieds überhaupt auf 0,00 € kürzen durfte.  Zum anderen weist das Gericht darauf hin, dass es insoweit auch irrelevant sei, dass die verhängte Sanktion nun teilweise ins Leere laufe, denn das Sozialrecht kenne kein Mithaftung für das Fehlverhalten anderer Familienmitglieder.

Fundstellen: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. B 4 AS 67/12 R, Pressemitteilung Nr. 13/13

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 155/11, zwar entschieden, dass die Vermietung von Nachbarswohnungen an Feriengäste und Touristen in einem Mietshaus nicht schon für sich genommen einen Mietmangel für die übrigen Mieter darstellen muss. Die Vermietung der Mietwohnungen als Ferienwohnungen kann aber als Mietmangel angesehen werden, wenn es dadurch zu entsprechenden Beeinträchtigungen kommt. Der Entscheidung waren die Urteile des Amtsgericht Mitte vom 7. April 2010, Az. 15 C 63/09, und des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2011, Az. 63 S 240/10 vorangegangen, welche der BGH mit Urteil vom 29.02.2012 aufhob. Das Landgericht Berlin muss nun erneut entscheiden. Dabei wird es laut des Urteils des BGHs vorallem darauf ankommen, ob die Vermietung der Wohnungen an die Touristen zu stärkeren, nicht mehr als sozial adäquat hinzunehmenden Beeinträchtigungen der übrigen Mieter geführt hat. Die Darlegungslast trägt der Mieter insofern, als er bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen den konkreten Sachmangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, vortragen muss. Eine Beschreibung, die die Art, die Tageszeiten, die Zeitdauer und die ungefähre Frequenz der Beeinträchtigungen angibt, ist dabei grundsätzlich ausreichend. Bei dem verhandelten Fall ging es um Wohnungen in Berlin-Mitte, dort tritt seit einiger Zeit vermehrt das Problem auf, dass Mietwohnungen als Ferienwohnungen an Touristen und Kurzurlauber statt an Mieter, die dort langfristig zu wohnen beabsichtigen, vermietet werden. Deshalb kann es durch Partygeräusche, Musik, Lärm, Müll usw. zu Belästigungen der verbliebenen Mieter kommen. Daher hat das Bezirksamt von Berlin-Mitte bereits vergeblich versucht, die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen zu untersage (vgl. „Berlin Mitte: Nutzungsuntersagung von Wohnungen als Ferienwohnungen gescheitert“ vom 26.01.2012).

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Pressemitteilung vom 23.02.2012, Nr. 28/2012; Urteil vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 155/11

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