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Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II (Hartz IV) stehen auch Bürgern aus EU-Staaten zu, die sich in Deutschland ausschließlich zur Arbeitssuche aufhalten. Das entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG-NRW) hat mit Urteil vom 28.11.2013, Az. L 6 AS 130/13. Der im zweiten Sozialgesetzbuch enthaltene ausnahmslose Leistungsausschluss für Ausländer verstößt nach dem Urteil des Gerichts gegen Europarecht, da hierdurch das Gleichbehandlungsgebot für alle EU-Bürger aus Art. 4 der Unionsbürgerrichtlinie (Verordnung EU 883/2004) verletzt wird.  Die klagende rumänische Familie, die seit 2009 in Gelsenkirchen wohnt, hat danach einen Anspruch auf Hartz IV. Ein anderer Senat des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen kam bereits in einem ähnlich gelagerten Falls zu demselben Ergebnis, wobei es sich allerdings um die Frage, ob der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen das Recht der Europäischen Union verstößt, ein wenig herumargumentiert hatte (vgl. Blogartikel vom 11.10.2013: „Anspruch auf Hartz IV für Migranten aus der EU“). Der Europäische Gerichtshof hatte zudem mit Urteil vom 19.09.2013, Az. C-140/12, eine vergleichbare, österreichische Regelung wegen Verstoßes gegen Unionsrecht für rechtswidrig erklärt. Die Parteien CDU/CSU und SPD haben sich dementsprechend in dem vorliegenden Entwurf des Koalitionsvertrages darauf geeinigt, die soziale Absicherung zu verbessern, um einen gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt zu fördern (S. 163 des Koalitionsvertrags). Zu den Inhalten des Koalitionsvertrages erfahren Sie morgen an dieser Stelle mehr.

Fundstellen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, Az. L 6 AS 130/13, Pressemitteilung vom 29.11.2013; Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 19.09.2013, Az. C-140/12

Ausländer, die sich in Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche aufhalten, sind nach dem Sozialgesetzbuch II vom Anspruch auf Hartz IV (Arbeitslosengeld 2) ausgeschlossen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat nun  mit Urteil vom 10.10.2013, Az. L 19 AS 129/13, entschieden, dass der Ausschluss dann nicht mehr greift, wenn die EU-Ausländer seit über einem Jahr erfolglos versucht haben, eine Arbeitsstelle zu finden und  die Arbeitssuche auch für die Zukunft objektiv nicht erfolgversprechend sei. Das Gericht sprach daher der rumänischen Familie, die seit 2009 in Gelsenkirchen von Kindergeld und dem Verkauf von Straßenzeitungen lebte, das Recht zu, Hartz-IV-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Damit hat das Landessozialgericht entschieden, dass EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts ein Anspruch auf Hartz IV zusteht. Das Landessozialgericht hat mit dem Urteil allerdings nicht abschließend entscheiden, ob der Leistungsausschluss für EU-Bürger nicht ohnehin unwirksam ist. Das Bundessozialgericht hatte bereits mit Urteil vom 30.01.2013, Az. B 4 AS 54/12 R, Rn 28, im Rahmen der erfolgreichen Klage einer schwangeren Bulgarin bereits erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit dem geltenden EU-Recht geäußert (vgl. auch Blogartikel vom 15.01.2013: „Flut rechtswidriger Hartz-IV-Bescheide hält an – Hartz IV für EU-Angehörige“).

Fundstellen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013, Az. L 19 AS 129/13, Pressemitteilung vom 10.10.2013; Bundessozialgericht, Urteil vom 30.01.2013, Az. B 4 AS 54/12 R

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 21.6.2011, Az. B 4 AS 128/10 R, entschieden, dass jemand, der im geschlossenen Vollzug eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt, kein Anspruch auf Hartz IV (Arbeitslosengeld II) zusteht. Wird in einem strafrechtlichen Verfahren rechtskräftig eine Geldstrafe verhängt, die der Verurteilte anschließend nicht zahlt, so wird -außer in Härtfeällen- eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe (vgl. § 43 StGB). Die Ersatzfreiheitsstrafe darf nur verhängt werden, wenn sie unerbringlich ist. Das bedeutet, dass die Vollstreckung der Geldstrafe erfolglos betrieben worden sein muss. Regelmäßig bestehen bei Zahlungsunfähigkeit auch die Möglichkeiten eine Ratenzahlung (vgl. § 42 StGB) zu vereinbaren oder auf Antrag die Geldstrafe durch Ableisten von gemeinnütziger Arbeit zu begleichen (vgl. § 1 Tilgungsverordnung Bln). Mit sechs Stunden freier Arbeit wird bei letzterem ein Tagessatz der Geldstrafe getilgt. Für die Vollstreckung ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist neben der Straf- und Untersuchungshaft die dritthäufigste freiheitsentziehende Maßnahme. Im vorliegenden, vom BSG zu entscheidenden Fall wurde die Ersatzfreiheitsstrafe für 3 Monate im geschlossenen Vollzug für den Kläger angeordnet. Der Kläger befand sich im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB II. Darauf hob das Jobcenter den Hartz-IV-Bewilligungsbescheid wegen Wegfalls des Leistungsanspruchs auf. Denn der Bedürftige muss dem Arbeitsmarkt zu einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbsarbeit zur Verfügung stehen (vgl. § 7 Abs. 4 SGB II). Der Aufenthalt im sogenannten Regelvollzug einer Justizvollzugsanstalt (JVA) ohne Freigang biete diese Möglichkeit nicht. Das BSG begründete die Entscheidung allerdings vorrangig damit, dass es sich auch bei der Ersatzfreiheitsstrafe um eine richterlich angeordnete Maßnahme der Freiheitsentziehung handele, die automatisch zum Leistungswegfall führe. Denn bei jeder Verurteilung zu einer Geldstrafe werde die Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtzahlung der Geldstrafe mitgedacht und mitverhängt und trete als echte Strafe ohne rechtsgestaltenden Akt an die Stelle der Geldstrafe. Der Bedürftige sei darüber hinaus verpflichtet, den bevorstehenden Haftantritt zumindest vorsorglich dem Jobcenter mitzuteilen.

Anders verhält es sich übrigens beim Ableisten von sozialer Arbeit statt Strafe, dabei steht der Verurteilte dem Arbeitsmarkt weiterhin zu Verfügung, da er jederzeit die gemeinnützige Arbeit abbrechen und einen regulären Job annehmen kann, er behält also währenddessen seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

Fundstelle: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.6.2011, B 4 AS 128/10 R

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