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Immer wieder wird kritisiert, dass die Rechtsprechung in den Bundesländern bezüglich der Rehabilitierung von DDR-Unrecht relativ stark voneinander abweicht. Was in einem Bundesland als rechtsstaatswidrig rehabilitiert wird, wird von Gerichten in anderen Bundesländern gehalten. Gerade was die Rehabilitierung von ehemaligen Heimkindern angeht, bestehen in der Rechtsprechung größere Divergenzen (vgl. „Rechtsstaatswidrigkeit einer Heimeinweisung in ein „Normalkinderheim“ der DDR“ vom 17.09.2018).

Das Kammergericht in Berlin vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei Heimunterbringungen in der DDR nur die Einweisungsverfügung als solche, nicht hingegen deren Folgen, also die konkreten Lebensbedingungen in dem jeweiligen Heim, zu prüfen sind. Der gegenläufigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt in Naumburg schließt sich das Kammergericht ausdrücklich nicht an. Seit einigen Jahren hebt das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt Einweisungen von Kindern und Jugendlichen in Spezialheime und Jugendwerkhöfe aufgrund des dort verfolgten Zwecks der Umerziehung in der Regel als unverhältnismäßig auf.

Seine restriktive Rechtsprechung muss das Kammergericht nun aber überprüfen. Denn der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat mit Beschluss vom 16.01.2019, Az. 145/17, eine Entscheidung des Kammergerichts zu DDR-Heimeinweisungen aufgehoben. Das Verfassungsgericht sah das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 15 Abs. 4 Satz 1 der Berliner Verfassung dadurch verletzt, dass  das Kammergericht nicht ausreichend aufgeklärt hat, ob und in welchem Umfang es in den Spezialkinderheimen der DDR systematisch zu menschenrechtsverletzenden Übergriffen gekommen ist und was Ursache dafür war. Das Gericht ist seiner Pflicht zur Amtsermittlung nicht nachgekommen, weil es sich mit dem aktuellen Forschungsstand zu den Lebensumständen in den Spezialheimen der DDR nicht nachvollziehbar auseinandersetzt hat. Der Verfassungsgerichtshof führt wörtlich in dem Beschluss vom 16.01.2019 aus:

„Gegebenenfalls hätte es nahegelegen, mithilfe eines Sachverständigen weiter zu ermitteln, ob und in welchem Umfang es in den Spezialheimen […] systematisch zu menschenrechtsverletzenden Übergriffen gekommen ist und was Ursache dafür war.“

Eine Änderung der Berliner Rechtsprechung zu den Einweisungen in Spezialheime und Jugendwerkhöfe erscheint daher möglich, die nächste Entscheidung des Kammergerichts wird es zeigen.

Fundstelle: Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 16.01.2019, Az. 145/17

Die ostdeutschen Bundesländer und der Bund stellen einen Hilfe-Fond  für Heimkinder aus der ehemaligen DDR mit einem Umfang von 40 Millionen Euro zur Verfügung. Der Zweck des Fonds ist die Förderung der Hilfe für ehemalige Heimkinder in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990. Anträge können seit dem 01.07.2012 gestellt werden. Es sollen vor allem verschiedene individuelle Reha-Maßnahmen und Unterstützungshilfen für ehemalige Heimkinder finanziert werden, die in der ehemaligen DDR unter Zwang, Gewalt und Missbrauch gelitten haben. Durch den Fond soll zudem einer Minderung von Rentenansprüchen der Opfer entgegengewirkt werden. Für die Antragstellung gilt eine Frist bis zum 30. Juni 2016. Dabei sollte allerdings beachtet werden, dass es sein könnte, dass die zur Verfügung gestellten Mittel bereits vorher aufgebraucht sind, dann endet der Fond laut Satzung automatisch. Die erlittenen Schädigungen durch Heimunterbringung müssen vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden.

Fundstellen: Bundesregierung,  Nachricht vom 13.06.2012; Fond „Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990”, Satzung vom 24.04.2012

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