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Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.10.2023 in einem Revisionsverfahren, bei dem ich den Kläger vertreten habe, entschieden, dass auch Zwangsadoptionen in der DDR verwaltungsrechtlich rehabilitiert werden können. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht wird die Adoption zwar nicht aufgehoben, es muss aber -bei Vorliegen der Voraussetzungen des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes- die Rechtsstaatswidrigkeit der erfolgten Adoption festgestellt werden.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war die Adoption mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar, weil sie sich als Willkürakt im Einzelfall darstellte. Die Adoption war nicht  am Kindeswohl orientiert, sondern diente dazu, den Vater des Klägers zu disziplinieren und eine gemeinsame Ausreise nach Westdeutschland zu verhindern. Unmittelbare Folge der rechtsstaatswidrigen Adoption war eine noch fortdauernde Gesundheitsbeeinträchtigung des Betroffenen. Der Kläger war daher verwaltungsrechtlich zu rehabilitieren.

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.10.2023, Az. BVerwG 8 C 6.22; Pressemitteilung vom 19.10.2023, Nr. 74/2023

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 19.10.2022, Az. BVerwG 8 C 15.21, zum verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahren klargestellt, dass Eingriffe in die körperliche Bewegungsfreiheit durch Sicherheitsbehörden der DDR grundsätzlich verwaltungsrechtlich zu rehabilitieren sein können. Diese Eingriffe können nicht ohne weiteres als systembedingte Nachteile dem allgemeinen Schicksal der Bevölkerung der DDR zugerechnet werden. Eingriffe in die Rechtsgüter Leben und Gesundheit und in die körperliche Bewegungsfreiheit überschreiten demnach immer die Schwelle der für die Annahme einer Verfolgung erforderlichen Eingriffsintensität. Nur bei einer Beeinträchtigung anderer Rechte muss eine wertende Beurteilung vorgenommen und geprüft werden, ob derartige Eingriffe und Benachteiligungen systembedingt mehr oder weniger allgemeines DDR-Schicksal waren. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung setzt aber auch insoweit kein über eine ungleiche Betroffenheit hinausgehendes drastisches Sonderopfer voraus.

In dem von mir für den Kläger geführten Revisionsverfahren ging es u. a. um die Überwachung des Klägers durch Gesellschaftliche und Informelle Mitarbeiter der Stasi während seines Grundwehrdienstes bei der NVA, mehrere Festnahmen des Klägers durch Sicherheitsbehörden der DDR, die zum Teil der Durchsetzung eines gegen den Kläger verhängten Verbots privater Fotoausstellungen dienten. Eine weitere Festnahme erfolgte im Zusammenhang mit einem Rockkonzert am Brandenburger Tor, als der Kläger Fotos von weiteren Verhaftungen machte.

Die Überwachung durch Mitarbeiter und Informelle Mitarbeiter der Stasi während des Grundwehrdienstes stellte nach dem Urteil eine hoheitliche Maßnahme im Einzelfall dar, die individuell und konkret auf die Person des Klägers ausgerichtet war. Diese Bespitzelung stellte kein Allgemeinschicksal aller DDR-Bürger dar. Sie verstieß in schwerwiegender Weise gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Es wurde hierdurch in erheblicher Weise in die Persönlichkeitssphäre des Klägers eingegriffen und mit der operativen Kontrolle kein legitimes Ziel verfolgt. Dabei könne offen bleiben, ob die Maßnahme der politischen Verfolgung gedient habe, da sie jedenfalls willkürlich war. Die Überwachung durch die Staatssichert diente dazu, den Kläger unter Kontrolle zu halten und ihn zu selbstbelastenden Aussagen über mögliche Fluchtpläne zu verleiten.

Sämtliche Festnahmen stellten hoheitliche Maßnahmen im Einzelfall dar, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats unvereinbar waren, da sie als willkürlich anzusehen waren. Zudem war auch das ausgesprochene Verbot privater Fotoausstellungen nicht dem Bereich allgemeiner Beeinträchtigungen der DDR zuzuordnen. Eine solche Maßnahme geht über ein bloßes Ausstellungsverbot im Sinne einer zensierenden Kulturpolitik hinaus und erhält ihren rechtsstaatswidrigen Charakter durch die staatlicherseits hergestellte Verbindung zwischen bereits erlittener Haft, einem gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Verbot privater Fotoausstellungen und der Androhung weiterer Haft im Falle der Zuwiderhandlung.

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.10.2022, Az. BVerwG 8 C 15.21

Laut der Pressemitteilung vom 17.12.2013 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Bundeswehr einem (wehrdienstleistenden) Soldaten rechtmäßig befehlen kann, die Haare abzuschneiden, wenn die Haare länger als der Hemdkragen sind. Das soll selbst dann rechtmäßig sein, wenn die Bundeswehr ihren Soldatinnen erlaubt, ihre Haare so lang zu tragen, wie es ihnen passt. Letzteres stelle -nach der Pressemitteilung des Gerichts- eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar. Das Gericht argumentiert damit, dass es angeblich eine Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und innerhalb der Bundeswehr gäbe, dass männliche Soldaten ihr Haar kurz und weibliche Soldatinnen ihr Haar lang zu tragen haben. Die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte hänge nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts davon ab, dass Männer die Haare kurz und Frauen die Haare lang tragen. Mit dieser Entscheidung wird wohl eher etwas über die Erwartungshaltung der entscheidenden Richter ausgesagt als über die der Öffentlichkeit. Hoffentlich legt der ehemalige Wehrpflichtige gegen den Beschluss Verfassungsbeschwerde ein. Einen klareren nicht zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit dürfte es wohl kaum geben. Das Argument des Bundesverwaltungsgericht, dass die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr gefährdet sei, wenn ein einziger Wehrdienstleistender längere Haare trägt, ist offensichtlich an den Haaren herbeigezogen.

Fundstellen: Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 17.12.2013, Az. BVerwG 1 WRB 2.12, BVerwG 1 WRB 3.12, Pressemitteilung Nr. 89/2013

Die Mutter einer zweijährigen Tochter erhielt trotz Rechtsanspruches in Rheinland-Pfalz, keinen Platz in der Kindertagesstätte (Kita) für ihr Kind zur Verfügung gestellt. Deshalb musste die Mutter ihr Kind mehrere Monate in der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative unterbringen. Dadurch entstanden der Mutter Kosten in Höhe von zirka 2.200,00 €. Diese Kosten muss ihr nun das Bundesland erstatten, entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 12.09.2013, Az. 5 C 35.12. Nach dem Urteil des Gerichts ergibt sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz unter bestimmten Bedingungen aus dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII), wenn ein Anspruch auf Jugendhilfeleistungen von der zuständigen Stelle nicht erfüllt wird und der Leistungsberechtigte sich die Hilfe anderweitig selbst beschaffen muss.

Fundstellen: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.09.2013, Az. 5 C 35.12, Pressemitteilung Nr. 66/2013

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